Berkshire Hathaways Aktionärsbrief 2021

Einleitung

Am 27. Februar 2021 hat Warren Buffett wieder seinen jährlichen Börsenbrief an seine Aktionäre veröffentlicht, dem Value-Investoren weltweit entgegengefiebert haben. Seit 1965 veröffentlicht die Börsenlegende aus Omaha jedes Jahr einen Brief an seine Aktionäre, indem er seine Gedanken zur aktuellen Marktlage und seine Investmentmethoden mit einem breiten Publikum teilt.  
Auch der diesjährige Börsenbrief hat es mal wieder in sich, wenn man zwischen den Zeilen liest. Denn diesmal gibt Buffett nicht nur seine neuen Positionen bekannt, sondern er hat eine ziemlich klare Meinung zur aktuellen Marktlage, die einige Marktteilnehmer verschrecken dürfte. 

Performance gegenüber S&P 500

Im Vorfeld der Veröffentlichung haben sich wieder prominenten Buffett-Kritiker, wie Jim Bianco zu Wort gemeldet. Laut ihm hätte „ein Manager, der eine so miserable Performance wie Warren Buffett in den letzten zehn Jahren abgeliefert hätte, seinen Job verloren.“ Auch andere Buffett-Gegner weisen immer wieder darauf hin, dass es Berkshire Hathaway seit längerem nicht mehr gelingt den S&P 500 outzuperformen. 
Hier ist das Verhältnis zwischen Berkshire Hathaway und S&P 500 dargestellt:

Je niedriger die Zahl, desto besser ist der S&P 500 im Verhältnis zu Berkshire Hathaway. Für eine Outperformance von Berkshire, müsste die Zahl kontinuierlich steigen. Sie verharrt aber seit dem Jahrtausendwechsel auf demselben Niveau. Wie kann das sein? Haben die Buffett-Gegner also Recht damit, dass Berkshire Hathaway kein gutes Investment ist? 
Schauen wir erstmal auf die Erklärungen der Buffett-Kritiker. Man kann so ziemlich jede Kritik in zwei Hauptpunkte zusammenfassen: Berkshire Hathaway ist zu groß für eine Outperformance und Warren Buffett hat sein „Händchen“ für Aktien verloren, da er zu alt sei. 
Das erste Argument ist objektiv richtig; zumindest teilweise. Mit einer Marktkapitalisierung von ca. 590 Mrd. $, fallen für Berkshire Hathaway jede Menge Investmentmöglichkeiten weg, da sie zu klein sind. Würde Buffett beispielsweise 500 Millionen US-Dollar in eine Firma investieren und der Wert dieser Firma würde sich verdoppeln, entspräche das gerade einmal einer Rendite von 0,08% (!!!) auf sein Gesamtdepot. Daher kann Buffett nur noch in große Unternehmen investieren, da sich kleinere Investitionen nicht mehr lohnen. Jedoch ergeben sich die besten Chancen meist bei kleineren Firmen, die sich unter dem Radar der allgemeinen Anlegermasse bewegen und sich erst später als unterbewertete Wachstumsperlen herausstellen, auf die sich dann der Großteil stürzen möchte.  
Also muss man den Buffett-Kritikern insoweit Recht geben, als dass es für Warren Buffett mit steigender Größe seiner Holding immer schwerer ist, den S&P 500 outzuperformen. 
Die Begründung für die Kritik, dass Buffett sein ”Talent” verloren haben soll, wird meist damit begründet, dass er viel zu wenig Technologie und viel zu viel Aktien der ”Old-Economy” im Depot hat, wobei deren Geschäftsmodelle angeblich längst überholt seien. Hier wird sich erst langfristig zeigen, ob diese Kritik auf Substanz aufgebaut ist oder ob Buffett richtig lag. 
Allerdings könnte man beide Kritikpunkte auch sehr einfach entkräften, wenn man sich der Sache von einer ganz anderen Seite nähert, die für die Mehrheit der Investoren völlig unbekannt ist. Man kann nämlich vergleichen, wer von den beiden (Berkshire vs. S&P 500) mehr Werte schafft. Der Wert wird in Buchwert gemessen. 

 

Die folgenden Grafiken zeigen sie Entwicklung des Buchwerts von Berkshire Hathaway und die des S&P 500: 

Hier zeigt sich glasklar, wer von beide die Nase vorn hat: Berkshire Hathaway- und das mit einem spektakulären Abstand! 

Wie kann es aber dann aber sein, dass die Aktie von Berkshire Hathaway dem Markt hinterherhinkt, obwohl es Buffett so viel besser gelingt, Mehrwert für seine Aktionäre zu schaffen als der Gesamtmarkt? 

Das Einzige, was sich dramatisch verändert hat, ist wie der Markt Buchwert bewertet. Hier das Kurs/Buchwert Verhältnis von Berkshire Hathaway: 

Während der Aktienkurs in den 1990er- Jahren noch das Dreifache des Buchwerts von Berkshire Hathaway entsprach, sind heutzutage Buchwert und Aktienkurs fast identisch. Das bedeutet, dass sich der Markt derzeit nicht so sehr für den Buchwert einer Firma interessiert, sondern eher für andere Faktoren, wie beispielsweise die Wachstumsphantasie und die Branche: Je mehr Technologie, desto besser. Je heißer die Story, desto besser und je cooler der CEO, desto besser… 
Allerdings sollte man sich immer vor Augen halten, dass es keineswegs in Stein gemeißelt ist, dass der Markt mit solchen Methoden für immer Aktien bewerten wird. Sollten wieder mehr fundamentale Kennzahlen, wie der Buchwert einer Aktie, anstatt die Eloquenz des Vorstands, eine Rolle spielt, hat Berkshire Hathaway wirklich fantastische Karten in der Hand, mit denen sie den Markt dann auch weit hinter sich lassen können. 

Inhalt Börsenbrief

Massive Aktienrückkäufe

Ein Highlight des Börsenbriefs ist die Bekanntgabe, dass Berkshire Hathaway im vergangenen Jahr Aktienrückkäufe für 24,7 Mrd. USD getätigt hat. So viel wie noch nie in der Geschichte von Berkshire Hathaway. Warren Buffett kauft nur eigene Aktien zurück, wenn er denkt, dass diese unterbewertet sind, um so für die Aktionäre einen Mehrwert schaffen zu können. Er versucht so “den Dollar für 50 Cent” zu kaufen.

Konglomerate

Klassische Konglomerate haben einen miserablen Ruf- und das auch völlig zu Recht. So schreibt Buffett in seinem diesjährigen Brief über jene unbeliebten Konstrukte an der Börse. Das der ein oder andere Berkshire Hathaway selbst für ein Konglomerat hält, ist Buffett bewusst und macht deutlich, dass er seine Firma für keins hält- zu mindestens nicht vollständig.  
Laut Buffett lassen sich Konglomerate dahingehend charakterisieren, dass sie andere Firmen zu 100% aufkaufen, um diese im vollständigen Besitz halten zu können. 
Dabei entstehen jedoch zwei Probleme. Erstens wollen großartige Firmen nicht übernommen werden. Zweitens verschleiern Manager bei der Bilanzierung der Übernahme oftmals die hohen Kosten. Bezüglich des ersten Problems lässt sich sagen, dass die allermeisten Firmen mit einem hochprofitablen Geschäftsmodell und einem hervorragenden Management keinen Anlass sehen, warum sie ihr Unternehmen verkaufen sollten. Dies hat zur Folge, dass nur noch Wettbewerber aus der zweiten Reihe, die weniger wettbewerbsstark zum Verkauf übrigbleiben. Dabei jedoch- und da wären wir beim zweiten Problem- wird das Unternehmen meistens völlig überteuert verkauft und deutlich über ihrem fairen Wert verkauft. Da der Manager seinen Aktionären und der Öffentlichkeit ungern verkaufen möchte, dass er exorbitante Schulden und Risiken für diese Übernahme aufnimmt, begibt er sich nicht selten in das Feld der „Zahlenspielerei“. So treibt er kurzfristig den eigenen Aktienkurs in die Höhe, um eine Kapitalerhöhung durchführen zu können. So bezahlt er den Übernahmepreis nicht nur mit neuen Schulden, sondern auch mit neuen Aktien. In der Bilanz mag dies vielleicht angenehmer aussehen, aber es wird mindestens derselbe Teil von Shareholder-Value zerstört. Warren Buffett vergleicht diese Geschäftspraktik mit dem Deal einen 10.000 Dollar Hund für zwei 5.000 Dollar Katzen zu kaufen. Ein wirkliches Gewinngeschäft ist das eher weniger…. 
Da Berkshire Hathaway nicht zwingend ganze Firmen kauft, sondern lieber Anteile an hervorragenden Unternehmen hält, zählt Buffett seine Holding nicht zu den klassischen Konglomeraten. Zudem begeht Berkshire natürlich nicht die zwei genannten Fehler.

Vorteil des Versicherungsgeschäfts

Während das Versicherungsgeschäft von Berkshire Hathaway- welches einen Anteil am Profit von 25% ausmacht- meist als langweilig angesehen wird, offenbart Buffett in seinem Brief, warum es eine wahre Goldgrube ist. Normalerweise bekommen Versicherungen Geld durch Kundenbeiträge und müssen es im Schadensfall auszahlen. Der sogenannte “Float” (also das Geld was die Versicherung hält, solange es ausgezahlt werden muss), wird in sichere Anleihen investiert. Die meisten Versicherungsgesellschaften dürfen auch in keine andere Anlageklasse investieren aufgrund der gesetzlichen Restriktionen. Im aktuellen Zinsumfeld ist das aber kein gutes Geschäft. 
Berkshire Hathaway operiert hier völlig anders. Erstens haben sie durch ihr großes Versicherungsimperium so viel “Float”, wie keine andere Firma. Zudem kommt noch hinzu, dass Berkshire große Summen an Cash aus dem Nicht-Versicherungsgeschäft einsammeln kann. Da es keine Versicherungsfirma ist, kann es diesen gewaltigen Cashflow dann in Aktien investieren und muss sich somit nicht mit den niedrigen Anleihenrenditen zufriedengeben. Also durch die Größe von Berkshire Hathaway hat es nicht nur Skaleneffekte im Versicherungsgeschäft, sondern sie können auch einen sehr profitablen Hebel einsetzen, über den ihre Wettbewerber nicht verfügen.

Buffetts Zukäufe

Im letzten Quartal hat Buffett noch einige Zukäufe getätigt. Seine beide größten waren Verizon für 7,9 Mrd. USD und Chevron für 4,5 Mrd. USD. Sowohl das Telekommunikationsunternehmen Verizon, als auch insbesondere der Ölkonzern Chevron lassen sich der Old-Economy zuzuordnen. Beide Branchen sind derzeit weniger beliebt an der Börse. Ein weiterer Indikator, dass Buffett die Tech-Euphorie für übertrieben hält und lieber antizyklisch handelt, indem er unbeliebte Aktien kauft, die nach fundamentalen Kenngrößen unterbewertet sind.

Fazit

Warren Buffett misstraut dem aktuellen Markt. Die hohe Summe an Aktienrückkäufe und seine neuen Zukäufe zeigen allerdings, dass er nicht denkt, dass der Markt allgemein überkauft ist, sondern insbesondere die Technologieaktien, was seine Reduzierung von Apple-Aktien zeigt. Er setzt auf ein Comeback von Value-Aktien und hält sein Unternehmen weiterhin für unterbewertet. 
 
Für mich bleibt die Berkshire Hathaway Aktie weiterhin langfristig ein klarer Kauf. Ich halte die Aktie trotz des Kursanstiegs in den letzten Monaten weiterhin noch für günstig (insbesondere verglichen mit dem Gesamtmarkt)